22.07.25

GMP-konforme Reinigung im Reinraum: Anforderungen und Umsetzung

Die Herstellung von Arzneimitteln, Bioprodukten und Medizinprodukten erfordert ein Höchstmass an Sauberkeit und Kontrolle. In diesem Zusammenhang ist die Reinigung im Reinraum nicht nur eine hygienische Massnahme, sondern eine der tragenden Säulen der Produktqualität – sie stellt sogar den ersten entscheidenden Schritt zur Sicherstellung der Produktqualität dar.

Reinraumreinigung

Insbesondere in GMP-regulierten (Good Manufacturing Practice) Umgebungen wird die Reinigung als eigenständiger Prozess mit wissenschaftlicher Grundlage und strikter Dokumentation behandelt. In diesem Artikel beleuchten wir die zentralen Anforderungen und praktische Umsetzung der GMP-konformen Reinigung im Reinraum.

Reinigung ist nicht nur Hygiene, sondern Qualitätskontrolle

Die Reinigung im Reinraum zielt darauf ab, mikrobiologische, partikuläre und chemische Verunreinigungen zu vermeiden, die die Produktqualität und Patientensicherheit gefährden könnten. Dies gilt insbesondere bei sterilen oder aseptisch hergestellten Produkten.

Internationale Richtlinien, auf denen die meisten nationalen GMP-Regelungen basieren, sind unter anderem:

  • EudraLex Vol. 4, Annex 1 – EU-Leitlinie für sterile Arzneimittelherstellung
  • PIC/S PE009 – GMP-Guide des Pharmaceutical Inspection Co-operation Scheme
  • ISO 14644-1/2 – Klassifikation und Überwachung von Reinräumen
  • Weitere wie WHO GMP, FDA 21 CFR Part 211 etc.

Reinraumklassen und Reinigungsanforderungen

Reinräume werden anhand der Partikelkonzentration in Luftklassen eingeteilt (A, B, C, D). Je höher die Klassifizierung, desto häufiger und strenger muss gereinigt und desinfiziert werden.

ReinraumklasseTypischer EinsatzbereichReinigungsfrequenz
Klasse AAbfüllung, öffne sterile ProdukteVor und nach jedem Einsatz, pro Schicht
Klasse BUmgebung von Klasse ATägliche Reinigung und regelmässige Desinfektion
Klasse CVorbereitung von Lösungen etc.Tägliche Reinigung und regelmässige Desinfektion
Klasse DGrobvorbereitung, VerpackungRegelmässige Reinigung (täglich bis wöchentlich)

Ein detaillierter Reinigungs- und Desinfektionsplan mit Rotationsstrategie ist erforderlich, um Wirksamkeit zu garantieren und Resistenzbildung zu vermeiden.

Grundprinzipien der GMP-konformen Reinigung

1. Standardarbeitsanweisungen (SOPs)

Jede Reinigung muss gemäss dokumentierter Anweisungen erfolgen, die Details zu Reinigungsmitteln, Konzentrationen, Kontaktzeiten, Reihenfolge und verwendeten Hilfsmitteln enthalten.

2. Zugelassene Reinigungs- und Desinfektionsmittel

Nur geprüfte Produkte mit belegter mikrobieller Wirksamkeit dürfen verwendet werden. Eine Rotationsstrategie mit unterschiedlichen Wirkstoffen verhindert Resistenzbildung.

3. Reinigungsausrüstung

  • Verwendung von fusselfreien Tüchern (z. B. Mikrofaser, Einwegprodukte)
  • Farbkodierung und Trennung der Utensilien nach Reinraumzonen zur Vermeidung von Kreuzkontamination
  • Reinigungsutensilien im Reinraum sind vor und nach dem Einsatz zu desinfizieren und zu reinigen – bei Bedarf ist ein Austausch zwingend erforderlich.

4. Rückstandsprüfung (Residue Testing)

Zur Vermeidung chemischer Rückstände auf produktberührenden Oberflächen sind Spül- und Testschritte erforderlich.

5. Dokumentation und Rückverfolgbarkeit

Alle durchgeführten Reinigungsschritte müssen nachvollziehbar dokumentiert werden: Wer hat wann, wo, mit welchem Mittel gereinigt? Eine elektronische Dokumentation bietet zusätzliche Sicherheit und Effizienz.

Häufige Fehler und praktische Lösungen

ProblemUrsacheLösung
Falsche Konzentration    Fehlendes MesssystemVorgefertigte Mischungen oder Dosiersysteme einsetzen
KreuzkontaminationGemeinsame Nutzung von ReinigungsgerätenZonenbezogene Farbkennzeichnung & Schulung
Fehlende AufzeichnungenZeitdruck, manuelle ProzesseEinführung elektronischer Checklisten
Rückstände auf OberflächenUnzureichendes SpülenSOPs mit zusätzlichen Spülschritten & Sichtkontrolle ergänzen

Schulung und Audits sind Teil der Reinigung

Die Effektivität der Reinigung hängt wesentlich von den Fähigkeiten und der Sorgfalt der Mitarbeitenden ab. GMP-Richtlinien fordern regelmässige Schulungen, praktische Übungen und Kompetenzprüfungen für Reinigungspersonal. Auch bei internen Audits wird die Reinigungsdokumentation, der Zustand der Ausrüstung und der Schulungsstatus überprüft.

Reinigung ist der Grundpfeiler der Qualitätssicherung

In der GMP-regulierten Herstellung ist die Reinigung kein Nebenschauplatz, sondern ein wissenschaftlich fundierter, risikobasierter Prozess. Sie schützt nicht nur die Produkte, sondern letztlich die Patientensicherheit – und verdient daher dieselbe Aufmerksamkeit wie jede andere kritische Herstellungsstufe.

Wer Reinigung als „Pflichtprogramm“ betrachtet, unterschätzt ihren Einfluss. Wer sie jedoch als Investition in Vertrauen und Sicherheit versteht, legt den Grundstein für nachhaltige Qualität.

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